2019 07 12 vorschau

Vier Triathleten des RSV Osthelden stellten sich dieser Herausforderung. Die Tour Transalp ist ein Jedermann Radrennen, über sieben Etappen, bei denen insgesamt eine
Strecke von ca. 800 km mit knapp 19.000 Höhenmetern durch die Alpen im Dreiländereck Ö/I/S auf dem Rennrad zurückgelegt wird. In zweier Teams, die oft Phantasienamen auf dem Trikot tragen, startet man. So kam es, dass aus dem Schriftzug „rsvosthelden.de“ auf den Hosen von Andreas Fink, Oliver Hartman, Jens Kanis und Martin Roth, fälschlicherweise in den Augen einiger anderer Starter die „Ost-Helden“ wurden.

Die Erste Etappe begann am 23. Juni im österreichischen Innsbruck und führte über die alte Brennerpassstraße ins 95 Km entfernte italienische Brixen. Mit Unterstützung von kräftigem Rückenwind und beflügelt von gänzlich für der Autoverkehr durch den Veranstalter und der Polizei gesperrten Straßen, erreichten die beiden RSV Gruppen des Team dokuworks fast zeitgleich im Hauptfeld des ca. 800 Fahrer starken Rennens, nach gut 3 Stunden, das Etappenziel. Noch hielten sich die zu fahrenden Höhenmeter mit 1.174 in Grenzen. Dies sollte sich am Folgetag ändern.

Die 2. Etappe solle keine „Einrolltour“ mehr sein, versprach der Rennleiter beim vorabendlichen Briefing der Teilnehmer. Er bezeichnete die 143 km lange Strecke nach Kaltern am See als: „die Schöne und das Biest“. Schön, weil es über das Penser Joch hinab ins landschaftlich überwältigende Sarntal bis Bozen ging. Biest, weil dazwischen zwei anspruchsvolle Pässe zu bewältigen waren.

Beim Aufstieg von Bozen über Jenesien auf den Schermoossattel kletterte das Thermometer erstmals auf 42 Grad, es sollte nicht das letzte mal in dieser Woche sein. Die Luft roch nach Teer, der frisch aufgebracht, auch Hitze von unten beisteuerte. Am Ende dieser kräfteraubenden Strecke, gab es nochmal eine kurze, aber steile Rampe zum Zielgelände. Schließlich waren 3.473 Höhenmetern erfahren. Allen Teilnehmern waren die Strapazen der Level 5/5 Tour durch Länge und Höhenmeter bei extremen Temperaturen ins Gesicht geschrieben bzw. in die Haut gebrannt. Die vier Siegerländer hatten damit die erste große Hürde gemeistert. Knapp 7 Stunden wurden benötigt.

Ein aufkommendes Gerücht bestätigte sich bei der Routenbesprechung für den nächsten Tag. Giro d‘Italia Klassiker und gleichzeitig Dach der 17. Transalp Tour, der Gavia Pass, welcher eigentlich eingeplant war, konnte nicht gefahren werden. Durch starke Schneeschmelze bestand Gerölllawinengefahr, sodass das hinter dem Pass liegende Tal für den Straßenverkehr gesperrt war.

Die schnell organisierte, alternative Streckenführung zum 159 km entfernten Zielort Bormio, führte über den Mendelpass, den Passo Tonale und erstmals für das Feld über den Giro Klassiker, Passo Mortirolo. Ohne Frage, eine würdige Ersatzroute, ebenfalls Schwierigkeitsgrad Level 5/5, bei 3.923 Höhenmetern. Optional gab es für die letzten 20 km einen eilig eingerichteten Shuttle Service, den nahezu alle Teilnehmer gerne in Anspruch nahmen, da ab diesem Zeitpunkt das Rennen nur noch neutralisiert gefahren wurde. 7 Stunden 15 Minuten standen zu diesem Zeitpunkt als Fahrzeit auf dem Tacho.

„Wer die 4. Etappe übersteht, fährt die Tour zu Ende“, konstatierte der Rennleiter für den
nächsten Tag. Es ging über den Umbrailpass mit kurzem Blick zum Ortler und aufs Stilfser Joch in die Schweiz und weiter über den Ofenpass bis Zernez . Hier war zwar erst die Hälfte der Strecke, aber doch die größte Anstrengung geschafft. Mit den nächsten 47 km hinauf zum Berninapass überwandten die Fahrer in mäßiger Steigung weitere 900 Höhenmeter. „Wenn man vom roten Berninaexpress überholt wird und dabei die schneebedeckten 4000 er Piz Palü und Piz Bernina vorbei ziehen sieht, vergisst man für einen Moment die Anstrengungen“, so Martin Roth vom Grandmasters Team des RSV Osthelden.

Nach kurzer rasanter Abfahrt bog die Passstraße ab, und es begann nochmals ein äußerst Anspruchsvoller, weil z.T. 15% steiler Anstieg zur Forcola di Livignio. In der Gewissheit, dass es danach nur noch rasant abwärts ging, wurde auch diese Hürde von der Rennfahrern gemeistert.

Beim Grenzübertritt nach Italien begann endlich die geradlinige, rasante Abfahrt nach Livignio. Die schweißdurchnässten Trikots trockneten im 30 Grad warmen Fahrtwind bis zum Zielbogen. Auch die 4. Etappe war geschafft, 3.455 Höhenmeter bergauf, Gesamtstrecke 133 km, Anspruch wieder einmal Level 5/5. Den dritten Tag hintereinander, ein Novum, bei dieser Veranstaltung, wie versichert wurde. Fahrzeit 5 Stunden 13 Minuten.

Gereiztes Sitzfleisch, brennende Muskeln, schmerzende Schultern, steifer Nacken, morgen wird alles leichter, wir ziehen das Ding jetzt durch, so der Konsens der Teilnehmer.

5. Etappe Livignio – Aprica. Mal vorsichtig auf den Sattel setzen, es lässt sich aushalten. Muss ja, dachten sich die Siegerländer. Es ging zunächst über 2 Pässe, wobei auf 15 km Fahrstrecke „nur“ 500 Höhenmeter zu überwinden waren. Die Höhe von 2.300 m u. N.N. bot den Vorteil „niedriger“ Temperaturen, 26 Grad C. Ab jetzt wurde es mit jedem Meter hinunter wärmer. „Doch man konnte auf langen Geraden seinen Blick von der Straße nehmen und über das Valtellina und die Gletscher der Adamello-Gruppe schauen“, so Jens Kanis, der in diesem Jahr seine zweite Tour Transalp fuhr und somit der erfahrenste der heimischen Sportler war. Es ging weit hinunter, nur unterbrochen von ein paar kleinen Anstiegen, fast 50 km. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Und in Mazzo die Valtellina war sie dann wie erwartet da, die „Rampe des Pantani“. Wie kein anderer Pass des Giro d’Italia, ist der Berg Mortirolo mit Marco Pantani, dem legendären italienischen Radrennfahrer der neunziger und Anfang der Zweitausender Jahre, verbunden. Hier hat er seinen Giro gewonnen, hier haben die Italiener ihm sogar ein Denkmal gesetzt.

Diese gemeine Rampe, mit durchschnittlich 11 % Steigung und in der Spitze bis zu 18%, auf ca. 12 km Länge, ist ein echter „Spreu-vom-Weizen“ Anstieg. Hier muss jeder beißen und tatsächlich, viele schieben. Mit dieser Rampe wird das gehobene sportliche Niveau der Transalp 2019 einmal mehr unterstrichen, die glühende Hitze tut ihr Übriges dazu, das Thermometer stieg in diesem Anstieg wieder einmal über 40 Grad C, der spärliche Schatten durch die wenigen Bäume am Wegesrand wird zu einem hohen Gut. Mit müden Beinen aber einem gewissen Stolz, geht es hinab nach Aprica, in einen gefühlt heißen Glutofen. Wieder wurden 110 km gefahren. Fahrzeit 5 Stunden 13 Minuten.

Fakten der 6. Etappe: Aprica- Val die Sole (Osana); 84 km; 2.251 Höhenmeter bergauf; 2
Pässe; Level 3/5. An diesem Tag kommt das Höhenprofil einer Wohltat gleich, so die Gedanken der Vier. Der Mortirolo wurde langsam zum Hausberg, diesmal wurde eine andere Route hinauf gewählt. Die Panoramastraße auf der Bergschulter zum 1.852 m hohen Gipfel. Es waren zwar wieder knapp 1.000 Höhenmeter, aber verteilt auf 28 km Fahrstrecke. Danach ging es abwärts bis Val Camonica, um auf einer Länge von 25 km bis zum Passo Tonale zu klettern. Ein hässlicher Pass, verbaut mit Hochhäusern, die so gar nicht in die Gebirgslandschaft passen und dem Wintersport geschuldet sind. Nicht verweilen, lieber gleich die rasante Abfahrt angehen war die Devise. Diese endet schließlich wieder im Val di Sole im Zielort Osana. Die Etappe war mit „nur“ 84 Km kurz, wurde aber daher vom gesamten Feld, vom ersten Meter an, schnell gefahren. Die vier Siegerländer passten sich der wilden Hatz an und kamen nach 3 Stunden und 37 Minuten ins Ziel.

Unter einer alten Burg ist diesmal das Expo-Gelände rund um den Zielbogen aufgebaut. Das tägliche Ritual: Tagesbeutel abholen, Schuhe wechseln, Rad im Bike Park abgeben und bei der Pasta Party ganz viel Essen und Trinken. „Mittlerweile waren die Gesichter vertraut, die man dort traf“, so Andreas Fink, der jüngste des Quartetts aus dem Siegerland. „40 Nationen sind im Feld vertreten. Jeden Abend wird mit allen zusammen gegessen und das Erlebte besprochen. Es ist eine friedliche, kameradschaftliche Atmosphäre im Feld. Wir haben Fahrer aus Israel, Irland, USA, Österreich, etc. getroffen und mit ihnen in der Hitze am Berg gelitten“, sagt Oliver Hartmann aus dem Masters Team des RSV Osthelden 1, „dass schweißt zusammen“. Die Organisation ist top, wir werden wirklich rundum gut betreut. Man hat 7 Tage lang eigentlich nur drei Dinge zu tun: Radfahren, essen, schlafen. Heute haben wir sogar ein 3 Sterne S Hotel mit Wirlpool, darin sind die Strapazen fast vergessen, nur noch eine Etappe. Morgen fahren wir an den Gardasee.

Die täglichen Abläufe wiederholten sich bei der 7. Etappe nun zum letzten mal. Eintreffen am Start, Tagesbeutel abgeben, Wasserflaschen füllen, Rad klar machen, noch schnell ein Foto, die bekannten Gesichter, die gleiche Musik . Das Protestlied „Bella Ciao“, der italienischen Widerstandsbewegung erzeugt Gänsehaut und Adredralin, nicht nur die Muskelspannung steigt, gleich kommt der Startschuß. Doch an diesem Tag war etwas anders, es ist unsere letzte Etappe, so die Gedanken. Erleichtert, aber auch wehmütig fuhren die Vier von Osana talwärts, das Rennen war noch neutralisiert. Plötzlich stockte es und schon lagen drei Radfahrer auf der Straße. Mit Mühe kurvten wir um sie herum, es ist nicht viel passiert, etwas Haut verloren auf der Straße, nicht ungewöhnlich für Radrennfahrer“, so Martin Roth. Mit nun noch mehr Adrenalin, fuhren die Ostheldener den ersten von 4 Pässen hinauf, den Block der Brenta zur linken, Bella Ciao im Kopf. Heute wird es nochmals knapp dreistellig, aber was soll`s, denken sie. Die vier müssen keine Körner für folgende Etappen mehr sparen, das Tempo ist heute hoch. Alle Teams geben am letzten Tag noch einmal ihr Bestes.

Nach der Abfahrt vom Passo Campo Carlo Magno vorbei an Madonna di Campiglio folgt ein kleiner Pass an der südwestschulter der Brenta der Passo Daone. Auf fast 1.300 m Höhe. Ab da heißt es für das Fahrerfeld, tschüss hohe Berge. Eine kurvige Abfahrt führt hinab ins Tal der Sarca, bei Tione di Trento wird der Fluß überquert, der 20 km weiter südlich im Lago di Garda mündet. Aber die Strecke dahin folgt nicht dem Flußlauf. Auf dem Weg ans Nordufer des Lago mussten noch zwei kleine Pässe, im Siegerland würde man Hübbel sagen, überwunden werden. Bevor die Fahrer am Rande des türkisgrünen Wassers, des Lago die Tenno, erstmals den Blick in der Ferne auf das Ziel, den Gardasee und Riva del Garda, richten können. Glücklich und stolz durchfahren die „Ost-Helden“ den Zielbogen in der Innenstadt von Riva.

Wie bereits in Innsbruck besprochen und wie es traditionelles Ritual bei diesem Rennen ist, stürzten sich die Rennfahrer umgehend, samt Radkleidung in die kühlen Fluten des Gardasee. Eine würdige Abschlussveranstaltung gab es am Abend unter freiem Himmel in Riva, bei der alle Teilnehmer und Helfer gemeinsam zu Abend aßen und die Sieger der einzelnen Klassen geehrt wurden. Die Bilder und Videos der Woche auf einer großen Leinwand beschlossen eine Woche, die in Erinnerung bleiben wird.

Die Master im Team RSV Osthelden 1 haben für die knapp 800 km und fast 19.000 Höhenmeter 35:23.57 Stunden gebraucht. Das Team RSV Osthelden 2 der Grand Master benötigte für die 19 Pässe und 7 Etappen 40:22.01 Stunden.
Die gewaltige Herausforderung in dieser Hochsommerwoche wurde gemeistert, die eigenen Grenzen wurden verschoben. “Der Schmerz geht, der Stolz bleibt“. In zwei Jahren wieder. Das ist das Resümee der Siegerländer.

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